Der Ausdruck in den Augen der Holzskulpturen von Stephan Balkenhol fesselt mich immer wieder.
Ein undefinierbares Ziel anvisierend, stolz und sanft zugleich, und doch ohne einen bestimmten Ausdruck im Gesicht, blicken sie die Betrachter nie direkt an. Ein Aspekt, der die Figuren so faszinierend macht.
Für Salzburg schuf er zwei Skulpturen, die den Blick des Betrachters auf zwei unterschiedliche Pole seines Ausdrucksvermögens lenken und spannungsreiche Bezüge aufbauen. „Sphaera” ist rund 9 m hoch und zeigt eine männliche Figur, mit unbestimmtem Ausdruck auf einer großen Goldkugel stehend - dieser Mann könnte jedermann sein.
Die gleiche Neutralität zeichnet sein 1,40 m großes weibliches Pendant „Frau im Fels” aus. Beide Figuren enthalten uns ihre Geschichte vor. Sie scheinen unserer Realität zu entstammen, aber sie bleiben in ihrer Emotionslosigkeit verrätselt. Balkenhol gesteht seinen Skulpturen große Deutungsoffenheit zu. Sie bewegen sich auf dem schmalen Grat zwischen Wiedererkennen und Zweifel, Nähe und Ferne.
Der Künstler schlägt seine Figuren mit Hammer und Meißel aus dem Baumstamm, wobei die Späne und Spuren der Werkzeuge im Holz neben seinen Astlöchern, Maserungen und Rissen sichtbar bleiben. Mit Farbe strukturiert er die Skulptur und setzt Akzente auf die Anatomie, ohne dabei die Ausdruckskraft der Figur aufzuwerten. Balkenhol stellt zeitgenössische Figuren des kleinen Mannes oder der kleinen Frau dar und zwar entweder als freistehende Skulpturen oder in Holzreliefs. So gelingt es ihm, sie von jeglichem narrativen Inhalt zu befreien, damit der Betrachter sein eigenes Bild auf die Figuren projizieren kann.
6. Kunstprojekt Salzburg Walk of Modern Art: Stephan Balkenhol, „Sphaera” (Kapitelplatz) und „Frau im Fels” (Toscaninihof) - 2007
Die Ausstellung in der Gallerie Thaddaeus Ropac läuft noch bis Anfang April!